Fälle von Ringelröteln häufen sich Warum Ringelröteln derzeit so verbreitet sind

Markus Brauer/
Ringelröteln sind sehr ansteckend. Zur Ansteckung kommt es durch erregerhaltige Tröpfchen, die durch Husten, Niesen oder verunreinigte Hände verteilt werden. Foto: Imago/Pond5 Images

Ringelröteln treffen häufig Kinder, aber auch Erwachsene können sich mit dem Virus anstecken. Die Zahl gemeldeter Fälle ist in diesem Jahr besonders groß. Gefährdet sind vor allem Schwangere und Immungeschwächte.

 
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Vor allem in Winter und Frühjahr sind die Ringelröteln in den Kitas und Schulen unterwegs. Genauer gesagt: das Parvovirus B 19 (B19V), das diese Erkrankung auslöst. Übertragen wird es vor allem über feine Speicheltröpfchen, die etwa durchs Husten in die Luft gelangen. Ringelröteln haben übrigens nichts mit Röteln zu tun. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem gefährlichen Virus:

Wie ist die epidemische Lage?

Die Zahl der gemeldeten Fälle von Ringelröteln ist in Deutschland und mehreren anderen EU-Staaten seit Anfang des Jahres deutlich gestiegen. Obwohl Infektionen mit dem Parvovirus B19 (B19V) normalerweise erst im Frühjahr und Frühsommer gehäuft auftreten, habe es hierzulande bereits zwischen Januar und März einen deutlichen Anstieg der Inzidenz gegeben, sagt Martin Enders vom Konsiliarlabor für Parvoviren in Stuttgart. Besonders für Schwangere stelle eine Infektion ein Risiko dar.

Wie ansteckend sind Ringelröteln?

Ringelröteln sind sehr ansteckend. Zur Ansteckung kommt es durch erregerhaltige Tröpfchen, die durch Husten, Niesen oder verunreinigte Hände verteilt werden. Auch über Schmierinfektionen – gegebenenfalls sogar über Türklinken – können sich die Viren verbreiten.

Wie viele Fälle melden die Gesundheitsbehörden?

Infolge der sehr hohen Inzidenz würden vermehrt B19V-bedingte fetale Komplikationen in der Schwangerschaft wie Fehlgeburten (Aborte) und Flüssigkeitsansammlungen (Hydrops) gemeldet, erklärt Enders. Die Komplikationen treten laut Enders am häufigsten bei Infektionen vor der abgeschlossenen 20. Woche auf.

Folgende nicht repräsentative Fallzahlen, diagnostiziert im Stuttgarter Labor (Stand: 26. April), wurden für die ersten drei Monate des Jahres gezählt:

  • mehr als 120 Fälle im Januar
  • etwa 150 im Februar
  • mehr als 240 im März

Welche Anzeichen deuten auf Ringelröteln hin?

Typisch ist der Hautausschlag, der ein bis zwei Wochen nach Ansteckung auftritt. Erst bilden sich schmetterlingsförmige, großfleckige Rötungen auf den Wangen. Ein bis zwei Tage später sind solche Rötungen auch auf Schultern, Oberarmen, Oberschenkeln und Gesäß zu beobachten, ziehen sich mitunter wie Girlanden um die Gliedmaßen.

Dazu können Symptome kommen, die denen eines grippalen Infektes ähneln: Fieber, Unwohlsein, Kopfschmerzen. In vielen Fällen bleiben Ringelröteln aber auch unbemerkt, verursachen keinerlei Beschwerden.

Fieber gehört zu den möglichen ersten Symptomen bei Ringelröteln. Der Hautausschlag zeigt sich erst später - und oft auch gar nicht. Dann bringt nur ein Bluttest Klarheit. dpa/Andrea Warnecke

Wie werden Ringelröteln behandelt?

Der Hautausschlag muss in aller Regel nicht behandelt werden. Die Rötungen verblassen nach sieben bis zehn Tagen wieder und verschwinden dann. Hat das Kind Fieber oder klagt über Muskel- und Gelenkschmerzen, helfen Medikamente wie Ibuprofen und Paracetamol. In aller Regel verlaufen Ringelröteln bei Kindern harmlos.

Wie lange dauert die Ansteckungsgefahr?

Sobald der typische Hautausschlag aufgetaucht ist, geht von der infizierten Person nur noch eine geringe Ansteckungsgefahr aus. Sie besteht vor allem in den Tagen davor – also dann, wenn die Infektion oft noch unbemerkt ist. Auch bei einer symptomfreien Infektion ist man ansteckend. Infizieren sich Erwachsene, sind die Symptome oft stärker als bei Kindern.

Einmal erkrankt: Ist man dann für immer immun?

Bei den meisten Erwachsenen und Kindern zeigen sich Grippesymptome wie leichtes Fieber mit einer Schwellung der Lymphknoten. Nicht immer entwickelt sich der typische Hautausschlag. Ansteckungsgefahr besteht für Menschen, die noch nicht an Ringelröteln erkrankt sind. Wer die Infektion überstanden hat, ist ein Leben lang geschützt und erkrankt nicht noch einmal. Schwangere stecken sich nach Auskunft von Enders am häufigsten bei Kindern an, meist im eigenen Haushalt oder durch berufliche Exposition.

Welche Komplikationen können bei einer Infektion auftreten?

Schwangere Frauen geben die Ringelröteln-Erreger an ihr ungeborenes Kind weiter, auch wenn die Infektion unbemerkt verläuft. Die Viren gelangen über die Plazenta in den Blutkreislauf des Kindes und befallen blutbildende Zellen. Die Folge kann eine Blutarmut beim ungeborenen Kind sein. Im schlimmsten Fall droht eine Fehl- oder Frühgeburt, besonders in den ersten Schwangerschaftsmonaten.

„Manche Schwangere zeigen zwar typische Symptome wie Husten, Schnupfen und danach auch einen Ausschlag. Dies ist aber nicht immer der Fall“, erläutert der Bundessprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske. Es gebe kaum ähnliche Erkrankungen, die zu so einem spezifischen Ausschlag führten wie dem bei Ringelröteln. „Es gibt natürlich mal allergische Reaktionen, die ähnlich aussehen können. Die haben aber meistens noch andere Symptome.“

Fieber gehört zu den möglichen ersten Symptomen bei Ringelröteln. Der Hautausschlag zeigt sich erst später - und oft auch gar nicht. Dann bringt nur ein Bluttest Klarheit. Foto: dpa/Andrea Warnecke

Schon mal infiziert: Kann man das nachweisen?

Auch Karl Oliver Kagan, Leiter der Pränatalen Medizin an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen, spricht von derzeit vielen Schwangeren, die sich mit den Parvovirus B19 ansteckten und zu Behandlung oder Kontrolle in die Klinik kommen. Wie viele Personen tatsächlich infiziert seien, könne aber nicht gesagt werden, weil nicht alle Betroffenen Symptome entwickelten.

Wer als Schwangere wissen wolle, ob sie in der Vergangenheit schon mal an Ringelröteln erkrankt und möglicherweise immun sei, könne sich testen lassen – etwa wenn Kontakt mit einer infizierten Person bestanden habe. Bei diesem Test werde nach Antikörpern gegen die Paroviren B19 und gegebenenfalls nach Virus-Erbgut im Blut geschaut.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Bei einer Ringelröteln-Infektion der Mutter geht man laut Kagan davon aus, dass sich etwa zehn Prozent der Ungeborenen infizieren. Bei Schwangeren, die sich in der ersten Hälfe der Schwangerschaft angesteckt haben, sollte abgeklärt werden, ob die Infektion eine kindliche Blutarmut verursacht.

„Im Falle einer Blutarmut benötigt das Ungeborene eine Blutkonserve, die von außen über die Nabelschnur verabreicht werden kann. Angesichts des geringen Durchmessers der Nabelschnur ist diese Therapie herausfordernd und eigentlich erst ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich“, sagt Kagan. Nachdem in den vergangenen Jahren kaum Transfusionen aufgrund von Ringelröteln-Infektionen in der Tübinger Frauenklinik durchgeführt werden mussten, seien es jetzt etwa zwei pro Woche.

In den ersten Schwangerschaftswochen gebe es keine Möglichkeit, eine Infektion beziehungsweise die Blutarmut des Embryos nachzuweisen. In manchen Fällen könne im Ersttrimester-Screening in der zwölften oder dreizehnten Schwangerschaftswoche eine Blutarmut erkannt werden, für eine Bluttransfusion sei es aber dann noch zu früh. „Eine Infektion im letzten Drittel der Schwangerschaft stellt für Ungeborene in der Regel keine lebensbedrohliche Gefahr dar“, unterstreicht Kagan.

Woher kommt der Anstieg?

Die außergewöhnlich starke Aktivität lässt sich laut Enders unter anderem dadurch erklären, dass in der Pandemie aufgrund von Lockdowns und Hygienemaßnahmen die Fallzahlen sehr niedrig waren und dem Virus nun eine deutlich höhere Zahl empfänglicher Wirte zur Verfügung steht.

Mehr Infektionen bei Kindern bedeuteten automatisch mehr Infektionen bei Schwangeren – und damit einhergehend auch häufiger Komplikationen.

Ein Anstieg der Zahl der Parvovirus-B19-Infektionen meldete kürzlich auch die EU-Gesundheitsbehörde ECDC aus Dänemark, Irland, den Niederlanden, Norwegen und Frankreich. Zu den Risikogruppen für eine schwere Erkrankung gehörten neben den Schwangeren Personen mit Bluterkrankungen oder Immunsuppression (Immunschwäche).

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