Ein Monster erwacht Haben Forscher das Aktivwerden eines Schwarzen Lochs beobachtet?

Markus Brauer/
Durch die immense Gravitation kann aus der direkten Umgebung nicht einmal Licht entkommen – daher auch der Name Schwarzes Loch. Foto: Imago/Panthermedia

Eigentlich wird vermutet, dass Schwarze Löcher ruhen. Nun haben Forscher womöglich beobachtet, wie eines von ihnen aktiv geworden ist. Den Hinweis darauf gab Licht.

 
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Eine plötzlich heller werdende, weit entfernte Galaxie hat Forscher womöglich Zeugen eines in Aktion geratenen massereichen Schwarzen Lochs werden lassen. Eine derartige Veränderung sei noch nie zuvor beobachtet worden, hat die Europäische Südsternwarte (Eso) mit Sitz in Garching bei München am Dienstag (18. Juni) mitgeteilt. Die Analysen zu der Beobachtung sind im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ veröffentlicht worden.

300 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie

Ende 2019 sei die zuvor unauffällige Galaxie SDSS1335+0728 deutlich heller geworden, heißt es in der Mitteilung. Die Helligkeit der rund 300 Millionen Lichtjahre entfernten im Sternzeichen Jungfrau liegenden Galaxie nehme auch aktuell weiter zu.

Die Galaxie strahle mehr Licht im optischen Bereich, aber auch im Ultraviolett- und Infrarot-Bereich aus. Seit einigen Monaten sende sie zudem Röntgenstrahlen aus. „Dieses Verhalten ist beispiellos“, kommentiert Eso-Astronomin Paula Sánchez Sáez.

In der Galaxie SDSS1335+0728 ist ein Schwarzes Loch aktiv geworden. Foto: European Southern Observatory/M. Kornmesser

Das Forscherteam um Paula Sánchez Sáez vermutet, dass das Zentrum der Galaxie – ein massereiches Schwarzes Loch – in Aktion geraten ist. „Wenn das so wäre, wäre das das erste Mal, dass wir die Aktivierung eines massereichen Schwarzen Lochs in Echtzeit sehen“, erklärt Mitautorin Lorena Hernández García. Normalerweise „schliefen“ Schwarze Löcher und seien nicht direkt sichtbar, ergänzt der Astrophysiker Claudio Ricci.

Massereiche Monster

In den Zentren der meisten Galaxien werden massereiche oder supermassereiche Schwarze Löcher vermutet. Sie können die milliardenfache Masse unserer Sonne besitzen.

Das massereichste "Black Whole" in unserer Galaxie ist „Sagittarius A*“ im Zentrum der Milchstraße, das etwa vier Millionen Mal so viel Masse wie die Sonne hat. Ricci zufolge könnte auch dieses Schwarze Loch irgendwann aktiv werden. Wie wahrscheinlich dies ist, ist der Eso zufolge aber unklar.

Orte ohne Wiederkehr

Schwarze Löcher sind Orte ohne Wiederkehr. Die Anziehungskraft dieser kosmischen Schwerkrafttrichter im Raumzeitgefüge ist so stark, dass nichts ihnen entkommen kann. Schon die Gravitationseffekte im nahen Umfeld reichen aus, um ganze Sterne zu zerreißen.

Kommt Licht dem Schwarzen Loch zu nahe, wird es verzerrt, geschluckt oder auf Kreisbahnen um seinen Ereignishorizont gezwungen. In diesem Photonen-Ring ist die Strahlung wie in einer Zeitkapsel gefangen.

Schwarze Löcher sind Orte ohne Wiederkehr. Die Anziehungskraft dieser kosmischen Schwerkrafttrichter im Raumzeitgefüge ist so stark, dass nichts ihnen entkommen kann. Foto: Imago/Panthermedia

Einstein und die Schwarzen Löcher

Schwarze Löcher sind eine der Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie, die der Physiker Albert Einstein (1879-1955) vor mehr als einem Jahrhundert aufstellte. In ihnen ist die Masse von einigen bis mehreren Milliarden Sonnen auf einen Punkt komprimiert.

Durch die immense Gravitation kann aus der direkten Umgebung nicht einmal Licht entkommen - daher auch der Name. Schwarze Löcher können beispielsweise entstehen, wenn ausgebrannte Riesensterne unter ihrem eigenen Gewicht zusammenstürzen.

Unsichtbares sichtbar machen

Ein Schwarzes Loch selbst ist auch für die besten Teleskope unsichtbar. Zeichnungen auf Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigen oft einen schwarzen Kreis mit einem strahlend hellen Ring.

Die Innenseite dieses Rings markiert den sogenannten Ereignishorizont. Er ist der Ort im Umkreis eines Schwarzen Lochs, von dem aus noch Licht entkommen kann. Man fotografiert also nur den strahlend hellen Ring um das Schwarze Loch.

Zeichnungen auf Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigen oft einen schwarzen Kreis mit einem strahlend hellen Ring. Foto: Imago/Pond5 Images

Unvorstellbar viel Masse, aber sehr klein

Viele Schwarze Löcher verleiben sich neue Materie ein. Diese Materie fällt aber nicht auf direktem Weg ins Schwarze Loch. Stattdessen sammelt sie sich auf einer immer schneller rotierenden Scheibe – ähnlich wie Wasser in einem Strudel aus der Badewanne fließt. In dieser sogenannten Akkretionsscheibe wird die Materie durch gegenseitige Reibung Millionen Grad heiß und leuchtet dadurch hell auf, bevor sie im Schlund des Schwerkraftmonsters für immer verschwindet.

Schwarze Löcher besitzen zwar unvorstellbar viel Masse, sind dabei aber sehr klein. Ein Schwarzes Loch mit der Masse unserer Erde wäre beispielsweise nur so groß wie eine Kirsche.

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