Gendern ist kein „Gender-Gaga“
Der Wunsiedler Bürgermeister Nicolas Lahovnik bekennt, dass er froh über das Thema sei. „Ja, hier gibt es Handlungsbedarf. Wenn das im rechtsextremen und populistischen Bereich als ,Gender-Gaga’ abgetan wird, zeigt es, wie wichtig es ist, dass wir uns damit befassen.“ Landrat Peter Berek blickt zurück: So sei es in den 60er-Jahren nicht so selbstverständlich wie heute gewesen, dass Mädchen eine höhere Schule besuchen. „Oder denken Sie an gewisse Sendungen wie den ,Siebten Sinn’ , die man heute gar nicht mehr ansehen kann.“ Er spielt dabei auf Beiträge an, in denen Frauen per se als schreckhaft und schlechtere Autofahrerinnen geschildert werden.
Über diese altmodischen Stereotypen kann man lachen. Ja. Aber sie prägen sich ein - und das hat Folgen. So schildert etwa Lisi Maier ein wissenschaftliches Experiment, in dem Kindern eine Geschichte mit einem unheimlich schlauen und handlungsstarken Hauptakteur vorgelesen wurde. In der Geschichte wird das Geschlecht nicht genannt. „Wie sich zeigt, nennen bei der Frage, ob es sich bei der Person um einen Mann oder eine Frau handelt, Kinder bis fünf Jahre ihr eigenes Geschlecht. Ab sechs sagen nicht nur die Jungen, sondern auch die meisten Mädchen, dass es sich um einen Mann handelt.“ Dies sei eine „Lernerfahrung“. All das trage dazu bei, dass Frauen weniger verdienen, in Vorständen unter- und dafür in der Betreuungs- und Pflegearbeit überrepräsentiert sind.
Queere Menschen rücken ins Bewusstsein
In den vergangenen Jahren ist auch die Gruppe der queeren Menschen mehr ins Bewusstsein gerückt. Diese wird unter anderem von Markus Apel als Vorstandsmitglied im bayerischen Lesben- und Schwulenverband vertreten. Immerhin gebe es heute die Möglichkeit, sich am Standesamt nicht nur als männlich oder weiblich eintragen zu lassen, sondern auch als divers, oder aber die Geschlechtskategorie offen zu lassen, sagt er. So offen, wie sich Deutschland gerne sehe, sei das Land allerdings nicht. „So vermeiden es laut Umfrage 45 Prozent aller queeren Menschen, in der Öffentlichkeit Händchen zu halten.“
Beileibe nicht nur, aber vor allem in rechtsextremen Kreisen gelten Themen wie Feminismus, Homosexualität oder queere Lebensweisen als Feindbild. Hier sieht Martin Becher, Geschäftsführer des Bündnisses für Toleranz, ein Einfallstor der Rechten in anfällige Bereiche der Gesellschaft. Extremisten versuchten etwa, an konservative kirchliche Kreise anzudocken.
Nach den eher theoretischen Inputs bringt das Junge Theater Hof mit Autor Roland Spranger reichlich Leben in die Diskussion. Unter anderem zeigen die Schauspieler in dem Stück „White Power Barbies“, wie rechtsextreme Politikerinnen ticken und den Feminismus ad absurdum führen. Letztlich sind sich alle gut 299 Teilnehmer am Forum einig, dass die Gesellschaft weit mehr als bisher für das Thema Geschlechterdiskriminierung sensibilisiert werden muss. Dies sei insbesondere in Institutionen wie der Polizei aber auch bei Richtern notwendig, sagt Heidi Maier. Letztlich müsse die Botschaft aber auch im Alltag ankommen. Sonst ändere sich nichts.