Telefonaktion Impfung schützt auch gut vor Mutationen

Peter Rauscher
Der Pieks, der Leben retten kann: Unsere Leser hatten viele Fragen zur Corona-Impfung. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Priorisierungen, Impfschäden, Gerüchte, AstraZeneca:Pausenlos klingelten die Telefone bei der Telefonaktion dieser Zeitung zum Thema Corona-Impfungen am Mittwoch. Was unsere Leser am meisten wissen wollten und die Antworten des Expertenteams der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

 
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Bayreuth/Coburg/Hof/Köln -

Warum werden jetzt vor allem Über-Sechzigjährige mit AstraZeneca geimpft?

Nach der Impfung mit AstraZeneca wurde in sehr seltenen Fällen von Thrombosen der Hirnvenen berichtet, die vier bis 16 Tage nach der Impfung auftraten. Betroffen waren vor allem Menschen unter 60 Jahren. Daher wird AstraZeneca jetzt in erster Linie für Personen über 60 Jahren empfohlen. Wer jünger ist, kann auf eigenen Wunsch und nach ausführlicher Aufklärung trotzdem damit geimpft werden. Der Einsatz des Impfstoffs liegt im ärztlichen Ermessen.

Wie gut schützt AstraZeneca?

Der Impfstoff von AstraZeneca ist hochwirksam. Nach derzeitigem Kenntnisstand hat er bei dem empfohlenen Impfabstand von zwölf Wochen eine Wirksamkeit von bis zu 80 Prozent. Er verhindert in der Mehrzahl der Fälle eine Covid-19-Erkrankung oder mildert bei Erkrankungen die Symptome. Keiner der zweimal geimpften Studienteilnehmer musste nach einer AstraZeneca-Impfung wegen einer Corona-Infektion im Krankenhaus behandelt werden.

Wenn ein Impfstoff 80 Prozent Wirksamkeit hat, bedeutet das, dass 20 Prozent der Geimpften erkranken?

Nein, es ist so: Vergleicht man die Gruppe der Geimpften und die der Nicht-Geimpften miteinander, so ist die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, bei den Geimpften um 80 Prozent geringer.

Welchen Impfstoff sollen jetzt jüngere Menschen bekommen, die als erste Dosis AstraZeneca erhalten haben?

Nach zwölf Wochen wird die Zweitimpfung mit einem Boten-RNA-Impfstoff empfohlen. Das sind derzeit die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. Hintergrund ist, dass der Schutz einer einmaligen AstraZeneca-Impfung nach zwölf Wochen abzunehmen beginnt.

Freunde erzählten mir voller Ernst, dass im Impfstoff Mikrochips sind. Wie reagiert man auf so viel Blödsinn ohne die Freundschaft zu zerstören?

Versuchen Sie, eine direkte Konfrontation zu vermeiden. Hören Sie sich die Behauptungen in Ruhe an. Bleiben Sie offen, stellen Sie Fragen. Vielleicht können Sie erreichen, dass Ihre Freunde anfangen, nachzudenken und sich selbst zu informieren. Verweisen Sie gegebenenfalls auf seriöse Quellen wie die Internetseiten des Bundesministeriums für Gesundheit, des Robert-Koch-Institutes, des Paul-Ehrlich-Institutes oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Wie werden die neuen Impfstoffe weiter überwacht?

In Deutschland ist es das Paul-Ehrlich-Institut, das die Sicherheit der Impfstoffe ständig überwacht. Die Wissenschaftler gehen allen Hinweisen auf Nebenwirkungen nach und stehen mit anderen nationalen und internationalen Gesundheitsbehörden im Austausch. Das Institut veröffentlicht regelmäßig einen Bericht über alle in Deutschland gemeldeten Verdachtsfälle von Nebenwirkungen. Die Meldungen kommen von unterschiedlichsten Stellen – den pharmazeutischen Unternehmern, Ärzten, Apothekern, aber die Bürger können auch selbst Verdachtsfälle melden – bequem online unter nebenwirkungen.bund.de

Aus Angst vor Unfruchtbarkeit will sich meine Nichte nicht impfen lassen. Gibt es dergleichen Fälle?

Nein. Die umfangreichen Prüfungen, die vor der Zulassung der Impfstoffe durchgeführt wurden, erbrachten keine Hinweise auf weibliche oder männliche Unfruchtbarkeit. Mit der vorliegenden Datenlage kann man Schäden an Fortpflanzungsorganen oder eine Beeinträchtigung der Fortpflanzung ausschließen.

Es soll ja einige Todesfälle in Pflegeheimen nach der Impfung gegeben haben. Ist die Impfung für alte Menschen besonders gefährlich?

Nein, Todesfälle hängen oft damit zusammen, dass zunächst vor allem alte Menschen mit zum Teil schweren Vorerkrankungen geimpft werden. Ein ursächlicher Zusammenhang ist dies aber nicht. Es gibt bislang keine Hinweise, dass die Impfstoffe bei Senioren nicht sicher sind. Es wird aber generell bei einem Todesfall zeitnah nach der Impfung untersucht, ob ein Zusammenhang bestehen könnte.

Kann bei Impfschäden das Pharmaunternehmen haftbar gemacht werden?

Das kommt auf den speziellen Fall an. Für Impfschäden gelten die Regelungen des sozialen Entschädigungsrechts laut Bundesversorgungsgesetz. Das bedeutet: Wer durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung einen Impfschaden erlitten hat, erhält eine Versorgung vom Land. Weitere Haftungsregeln können sich ergeben aus dem Arzneimittelrecht, dem Produkthaftungsgesetz sowie den allgemeinen Haftungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Könnte man sich trotz Impfung noch mit dem Corona-Virus infizieren und andere Menschen anstecken?

Die Wahrscheinlichkeit, sich bei vollständiger Wirkung der Impfung - also etwa zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis - zu infizieren, ist sehr gering, aber nicht gleich Null. Auch das Risiko, das Virus auf andere zu übertragen, ist stark vermindert – wie sehr, ist allerdings bisher nicht eindeutig geklärt. Daher ist es wichtig, auch nach der Impfung die Corona-Schutzmaßnahmen, wie im Alltag Masken tragen, Hygieneregeln beachten, Abstand halten, Lüften, einzuhalten (AHA+L-Formel).

Warum dieser Hype um die Impfung, wenn wir noch gar nicht wissen, wie lange der Impfschutz anhält?

Sicher ist, dass durch die Impfung das Risiko verringert wird, an Covid-19 zu erkranken und insbesondere auch, schwer zu erkranken. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht geklärt ist, wie lange der Impfschutz anhält, können mit der Schutzimpfung viele Leben gerettet werden und einer Überlastung der Krankenhäuser wird entgegengewirkt.

   

Was ist, wenn nach dem Impfen eine neue Mutation auftaucht? War dann die Corona-Impfung nutzlos?

Das war sie ganz bestimmt nicht. Es gab ja bereits einige Mutationen. Nach aktuellem Stand beeinträchtigt die vor allem auftretende britische Variante die Wirksamkeit der Impfstoffe kaum. Bei den seltener auftretenden Varianten aus Südafrika und Brasilien könnte die Wirksamkeit verringert sein. Dies muss noch weiter untersucht werden. Es gibt aber Hinweise, dass auch da schwere Covid-19-Verläufe verhindert werden können. Hinzu kommt: Die neuen Boten-RNA-Impfstoffe bieten den Vorteil, dass sie bei Bedarf schnell an Mutationen angepasst werden können.

Vielleicht hatte ich ja Corona, ohne es zu merken. Muss das vor der Impfung getestet werden?

Nein, es ist es nicht nötig, vor einer Impfung einen Test durchzuführen, um eine akute oder länger zurückliegende Infektion ohne Symptome auszuschließen. In den Studien waren auch Teilnehmer dabei, die bereits eine Corona-Infektion hatten. Die Impfung wurde nicht schlechter vertragen.

Reicht eine Impfung, wenn man schon Corona hatte, damit man künftig geschützt ist?

Ja, sie sollte frühestens sechs Monate nach Genesung erfolgen. Aufgrund der bestehenden Immunität nach durchgemachter Infektion kommt es durch die einmalige Impfung zu einer sehr guten Immunantwort.

Muss mein Arbeitgeber mir für die Impfung frei geben?

Arbeitsrechtlich gibt es keine Verpflichtung für Ihren Arbeitgeber, die Impfzeit als Arbeitszeit anzuerkennen. Grund ist, dass die Corona-Impfung freiwillig ist. Sie müssen das also in Ihrem Unternehmen abklären.

Kann ich früher geimpft werden, weil meine Frau ein Kind erwartet?

Ja, neben Pflegebedürftigen haben auch Schwangere die Möglichkeit, bis zu zwei enge Kontaktpersonen zu bestimmen, die sich dann impfen lassen können.

Meine Tochter (54) hat Diabetes Typ 1. Ich bin 83 Jahre alt, gesund, und wurde schon voll geimpft. Warum kam meine Tochter nicht früher dran?

Der wesentlichste Risikofaktor für eine schwere Covid-19-Erkrankung ist hohes Alter. Für Menschen unter 60 Jahren ist auch bei Vorerkrankungen die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 schwer zu erkranken oder zu sterben, niedriger als bei älteren Menschen.

Info:

Informationen der BZgA zum Corona-Virus und zur Corona-Schutzimpfung unter www.infektionsschutz.de/coronavirus

Bundesweite Servicenummer: 116 117

Beratungstelefon der BZgA unter der kostenlosen Rufnummer 0800-2322783

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