Allen Aufklärungskampagnen zum Trotz und ungeachtet des umfangreichen Wissens um die Gefahren von Hautkrebs und vorzeitiger Hautalterung brutzeln Menschen weiter in der Sonne, Kinder werden oft nur spärlich mit Sonnenschutz versorgt, und ein Tag am Strand gilt als Freude pur. „Sonne ist antidepressiv wirksam und gibt dem Träger somit mehr Selbstbewusstsein“, weiß Wolfgang Harth. „Man wird als attraktiver eingeordnet, bekommt Aufmerksamkeit, und das Belohnungssystem wird aktiviert“, sagt der Dermatologe.
Bräunungssüchtige zeigen sich nach Beratung oft uneinsichtig
Das Belohnungssystem will manchmal mehr davon, wie bei Alkohol oder Drogen. Ist der Sommer dann vorbei, kann ein Tanorektiker auf den Kick nicht mehr verzichten und geht in Sonnenstudios. Die Zugangsbeschränkung für unter 18-Jährige impliziert zwar eine gewisse Gefahr, aber Ratschläge werden gern missachtet. „Beim Solarium haben Sie die 1000-fache UVA-Dosis vom natürlichen Sonnenlicht“, sagt Hautärztin Adler: „Diese UVA-Strahlung macht im Gegensatz zur UVB-Strahlung zwar nicht sofort Schäden im Erbgut, aber sie begünstigt dennoch Hautkrebs, weil die Immun- und Tumorabwehr unterdrückt werden und freie Radikale entstehen, die die DNA und andere Zellbestandteile kaputt machen.“
Die Folge: Basaliome, Spinaliome und maligne Melanome. Klingt böse und ist es auch. Auf Verständnis trifft man bei Betroffenen selten. Viele spazieren aus der Klinik ins nächste Bräunungsstudio: „In der Nachsorge sehen wir häufig, dass sich das Verhalten der Patienten nicht bessert. Da ist selten Einsicht“, sagt Chefarzt Harth. „Anders ist es, wenn Patienten in Psychotherapie sind. Da kann man versuchen, einen anderen Lebensstil zu erarbeiten.“
Dem Süchtigen gehört die Scheinwelt, doch selten lässt sich die Tanorexie auf eine Störung beschränken; vielmehr geht sie Hand in Hand mit anderen Erkrankungen wie Zwangsstörungen, Essstörungen, Körperdysmorphie oder Alkoholabhängigkeit.
So beugt man Hautkrebs vor
Erkrankte
Mehr als 230 000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich an Hautkrebs. Weltweit sind es nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO etwa drei Millionen. Laut einer Studie der Brown University in Rhode Island reichen bereits fünf Sonnenbrände vor dem 20. Lebensjahr aus, um das Hautkrebsrisiko zu erhöhen.
Vorbeugung
„Die Ernährung hilft, vor Sonnenschäden zu schützen“, sagt Hautärztin Yael Adler. „Sekundäre Pflanzenstoffe wie Betacarotin aus Möhrensaft oder Lycopin aus Tomatenmark lagern sich in der Haut ab. Betacarotin verlängert den Eigenschutz der Haut um das Zwei- bis Dreifache.“ Weitere schützende Stoffe sind Chlorophyll, zu finden in Brokkoli und Kohl, Epigallocatechin-Gallat im Matchatee, aber auch Vitamin D sowie Omega-3-Fettsäuren.