Das Wirtschaftsministerium sagt dazu, das Papier sei eingeflossen in einen später veröffentlichten Prüfvermerk der Ministerien für Wirtschaft und Umwelt, in dem diese sich gegen eine Laufzeitverlängerung aussprachen - unter Verweis auf die "sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken", wie es in einer Pressemitteilung hieß. "Die Darstellung ist verkürzt und ohne Kontext, und entsprechend sind die daraus gezogenen Schlüsse nicht zutreffend", sagte eine Sprecherin zur Berichterstattung insgesamt.
Das Bundesumweltministerium wies Vorwürfe eines "ideologischen Handelns" zurück und sprach außerdem von "medienseitigen Missverständnissen". Die Prüfung sei "sorgfältig und ausschließlich sachorientiert" erfolgt, so das Ministerium, das für die nukleare Sicherheit zuständig ist.
Kritik an Habeck und Forderungen nach Aufklärung
Die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber (CSU), sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Wenn fachliche Argumente der Parteilinie geopfert werden, dann führt das nicht nur zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen, sondern untergräbt auch das Vertrauen in die Politik und die Verwaltung insgesamt." Der energiepolitische Sprecher Andreas Jung (CDU) verlangte Aufklärung von Habeck. "Dazu muss er persönlich Rede und Antwort stehen und alle Unterlagen auf den Tisch legen." Im Raum stehe der Vorwurf, dass Öffentlichkeit und Parlament bewusst "mit Verdrehung von Fakten" getäuscht worden seien.
Auch der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse äußerte scharfe Kritik an Habeck: "Die Habeck-Papers zeigen, dass Deutschland beim Kernkraftausstieg wissentlich hinter die Fichte geführt wurde. Ich bin von Robert Habeck enttäuscht, denn den Bürgern dieses Landes und auch seinen Koalitionspartnern wurde die Wahrheit vorenthalten."
Am 15. April 2023 hatte Deutschland den Atomausstieg endgültig vollzogen und die letzten drei Meiler abgeschaltet. Die Kraftwerke hätten ursprünglich bereits zum Jahreswechsel davor vom Netz gehen sollen, der Betrieb war aber zur Sicherung der Stromversorgung verlängert worden. Die Grünen hatten sich lange gegen einen solchen Schritt gewehrt, schließlich aber das von Habeck und den AKW-Betreibern im September 2022 vorgelegte Konzept einer vorübergehenden Einsatzreserve für zwei der drei letzten deutschen Atomkraftwerke unterstützt. Die FDP war grundsätzlich für eine längere Laufzeit. Im Oktober 2022 sprach Kanzler Olaf Scholz (SPD) dann ein Machtwort für den Weiterbetrieb aller drei Meiler bis zum Frühjahr.
Ursprünglich geht der deutsche Atomausstieg zurück auf die Entscheidung einer schwarz-gelben Bundesregierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie reagierte damit auf die Atomkatastrophe von Fukushima 2011.