Evangelisches Hof Neues Kirchenformat für Familien

Gottesdienst mit lauter Superhelden: „Kirche kunterbunt“ (wie hier in Coburg) heißt eines der Angebote, die nun nach Hof kommen. Foto: privat

Seit März gibt es in Hof eine Familienkirche – einen Zusammenschluss von Innenstadt-Gemeinden, die Angebote für Eltern mit Kindern machen wollen. Zum Programm gehört auch, dass es nicht immer Programm gibt.

 
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Was die Hofer Familien wollen, weiß Damaris Schwarzrock auch nicht ganz genau. Das heißt: Sie kann es nur von ihrer eigenen Familie mit Mann und drei Kindern sagen, und von Freunden mit Kindern, und von den Bekannten, die man so trifft, wenn man den Großen zum Schwimmen bringt und den Kleinen mit zum Einkaufen nimmt derweil. Was Hofer Mamas sich wünschen, hat die neue Gemeindereferentin im evangelischen Dekanat allerdings nun schon öfter gehört: Orte, an denen sie andocken können – als Familie für neue Freundschaften genauso wie als Eltern, die geistlich neue Zugänge suchen. Das ist nun beruflich ihre Hauptaufgabe: Zusammen mit einigen Mitstreitern hat Damaris Schwarzrock die „Familienkirche Hof“ gegründet, nun geht es daran, die ersten Kreise zu ziehen.

Die regulären Gottesdienste am Sonntagvormittag, so lernt man es in der pastoralen Ausbildung, hätten den Nachteil, dass sie oft jeden ansprechen möchten – und dadurch manchmal niemanden so richtig erreichen. Zumindest nicht jüngere Menschen, die mit strengen Liturgien und Gesangbuch nix am Hut haben. „Wir wohnen als Familie jetzt seit vier Jahren in Hof, aber wir haben uns schwer getan, irgendwo anzudocken“, erklärt Schwarzrock aus eigener Erfahrung. Weil es in wenigen Gemeinden Kindergottesdienste gäbe zeitgleich zu den Erwachsenen-Veranstaltungen. „Und die Kinder mit in die Kirche nehmen? Dann bin ich als Mama damit beschäftigt, dass sie einigermaßen ruhig bleiben – da habe ich auch nichts vom Gottesdienst.“ Schon allein wegen der Betreuungsfrage, viel mehr aber noch aus anderen Gründen hat Hof sich nun bei der Landeskirche um Mittel für einen ganz neuen Ansatz beworben. Und sie bewilligt bekommen, da man das Hofer Vorhaben als besonders innovativ einstuft.

Zunächst auf zwei Jahre befristet läuft das Projekt Familienkirche mit Gemeindereferentin Damaris Schwarzrock: Dafür haben sich die Gemeinden Michaelis, Hospital, Lorenz und Johannes sowie der CVJM (und fürs Programm „Kirche kunterbunt“ auch der katholische Seelsorgebereich Hofer Land) zusammengetan. Die Kernaufgabe: herausfinden, was Familien brauchen in ihrem Alltag, und was Kirche da tun kann. Zumindest erste Ansätze haben die Beteiligten.

Am Samstag laden die Akteure in den Lorenzpark ein: Den ganzen Nachmittag lang geht es dort ums Thema „heldenhaft“ – wer mag, kann gern als sein Lieblingsheld verkleidet kommen. Es gibt Essen und Getränke, viele Spielmöglichkeiten und einen Picknickdecken-Aufruf, und daneben auch ein bisschen geistlichen Input. „Aber aus der Realität gegriffen, mit Beispielen von heute, und zum Mitmachen mit einem ganz praktischen Ansatz“, sagt Damaris Schwarzrock. Zielgruppe: junge Familien mit Kindern, auch gern solche, die bislang nichts oder kaum mit Kirche zu tun haben. Da weiß die Gemeindereferentin selbst, wo das Paradoxon ihres Angebots liegt.

Eine der Herausforderungen, bei der im Mama-Café beim CVJM vermutlich alle Ja sagen würden: der Familienalltag mit einer Vielzahl an Terminen von Arbeit über Geigenunterricht bis Fußballtraining. „Und das führt ja auch dazu, dass man ständig viele andere Eltern trifft, nur können so meist keine tieferen Beziehungen entstehen. So kämpfen sich die Familien oft allein durch den Alltag.“ Da suchten Eltern wie Kinder mitunter gleichermaßen vergeblich nach Einfalltoren für neue Freundschaften: Allein der kurze Plausch zwischen Umkleidekabine und Schwimmerbecken biete dafür oft kaum Raum. Das ist das eine, was die Familienkirche bieten möchte: Zeit, Raum und Gelegenheit zum Kennenlernen neuer Leute und zum Vertiefen bestehender Bekanntschaften. Das andere hat mit dem Spagat zu tun, den alle Eltern kennen.

Oft würde man gern viel mehr zusammen mit den Kindern machen – manchmal aber braucht man auch einfach eine Gelegenheit, sie mal für ne Stunde abzugeben. „Wir wünschen uns, dass unsere Angebote etwas werden, wo die Familien viele gemeinsame Erlebnisse haben können – Qualitytime –, woraus aber auch jeder Kraft für sich ziehen kann“, erklärt Damaris Schwarzrock. Welche Formate und Angebote es dafür geben soll, das entschieden diejenigen, die teilnehmen an den Veranstaltungen: Die Zielgruppe selbst soll schließlich sagen, was sie will – und die Familienkirche mitgestalten. Im Kern richten sich die Angebote vorwiegend an junge Familien aus dem Innenstadtbereich, eingeladen sind aber auch solche von anderswo. Da geht es, ganz praktisch, auch um die Tatsache, dass mancher junge Gläubige im Kopf mobiler ist als ein Alteingesessener, der sich gern innerhalb seines Sprengels bewegt – dass aber viele junge Familien in der Innenstadt gar kein Auto haben.

„Mittelfristig möchten wir, dass sich in Sankt Johannes ein Familienzentrum entwickelt, mit eigenen Gottesdiensten und anderen Angeboten; die Räume dort sind wunderbar geeignet für so etwas“, sagt Damaris Schwarzrock. Doch jetzt fange man erst einmal ganz klein an. Um wirklich herauszufinden, was die Hofer Familien wollen.

Am Samstag ist Kirche kunterbunt

Von 15 bis 18 Uhr lädt die Familienkirche Hof am kommenden Samstag, 27. April, in den Hofer Lorenzpark ein (zumindest bei schönem Wetter, ansonsten ändert sich der Ort, die Alternative würde rechtzeitig bekanntgegeben werden). Bei Trockenheit gilt: Bitte Picknickdecke mitbringen!

Das Format heißt „Kirche kunterbunt“, es führt Kinder und Eltern auch in anderen Städten schon ungezwungen an den Glauben und die Gemeinschaft heran – mit Stationen zum Toben und Spielen, Musik, Gedanken und Geschichten zu Gott und der Welt und Essen und Getränken. Alle Infos unter www.familienkirche-hof.de.

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